D – Energiewende und Klimaschutz: Wiesbaden hat Vorbildfunktion

1. Einleitung

Der Klimawandel bedroht unsere Existenz – auch in Wiesbaden. Weil für ein Gegensteuern wenig Zeit bleibt, müssen Energiesparen, Energieeffizienz und die Nutzung erneuerbarer Energie rasch vorangetrieben werden. Die Landeshauptstadt Wiesbaden hat sich Klimaschutzziele gesetzt: Gegenüber 1990 soll bis 2020 der Energieverbrauch um 20 Prozent gesenkt und der Anteil an Erneuerbarer Energie auf 20 Prozent gesteigert werden. Aber dieses Ziel wird Wiesbaden weit verfehlen, wenn die derzeitigen Anstrengungen nicht massiv verstärkt werden. Für eine umfassende Energiewende bedarf es nicht nur verstärkter politischer Anstrengungen. „Energie einsparen“ und „Energie regenerativ erzeugen“ müssen als eine der vordringlichsten kommunalen Aufgaben wahrgenommen werden. Was sich dazu ändern muss, sind Einstellungen, gelebte Werte und das Verhalten im Zusammenhang mit dem Thema Energie.

2. Was können wir in Wiesbaden tun?

Weniger CO2 erreicht man durch Energieeinsparung und CO2-neutrale Energieproduktion. Zunächst gilt es, alle Potenziale vor Ort möglichst vollständig auszuschöpfen. Die effektivste, umweltfreundlichste und meist auch die billigste „Energiequelle“ ist das Energiesparen. Für einen wirkungsvollen Klimaschutz muss diese Ressource in Zukunft in viel stärkerem Maße genutzt werden als bisher. Weiterhin ist Windenergie die zur Zeit kostengünstigste Art, Strom aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Wir GRÜNEN werden alle Möglichkeiten ihres Einsatzes deshalb gezielt nutzen. Genauso machen wir uns dafür stark, die Potenziale der Solarenergie, der Biomasse-Nutzung und der Geothermie auszuschöpfen.

Doch selbst wenn wir in der Region gezielt Energie sparen und in den Aufbau einer Infrastruktur für erneuerbare Energien investieren, wird es notwendig sein, Energie zuzukaufen. Diese Zusatzmengen sollten in zunehmendem Maße und soweit wie möglich aus erneuerbaren Quellen und aus Regionen mit einem Überschuss an Energie stammen. Die vorübergehend noch notwendige fossile Energie sollte möglichst umwelt- und klimafreundlich sein.

3. Klimaschutzziele

3.1. 20-20-20 – eine ernüchternde Bilanz

Das 20-20-20-Ziel verfehlt Wiesbaden deutlich und uneinholbar. Statt 2013 wie geplant 13 % weniger Energie zu verbrauchen, hat Wiesbaden laut Klimaschutzbericht (2015) 2013 gegenüber 1990 insgesamt 6 % mehr Energie verbraucht. Den größten Anteil an diesem Anstieg hat der Verkehr mit einem Plus von 12%. Die privaten Haushalte steigerten ihren Energieverbrauch um 7%. Auch umgerechnet auf den Energieverbrauch pro EinwohnerIn ist kein Rückgang zu verzeichnen. Nach wie vor verbraucht jede und jeder WiesbadenerIn rund 33,3 MWh – genauso viel wie 1990. Während Kohle als Wärmequelle durch Gas ersetzt wurde (+ 20 % gegenüber 1990) stieg der Stromverbrauch um 22%, der Kraftstoffverbrauch um 10 %.

Insgesamt lassen sich drei Hauptursachen für das Verfehlen der Einsparzielen der Stadt ausmachen: die Steigerungen im Individualverkehr, beim Güterverkehr und beim Stromverbrauch der privaten Haushalte. Hier gilt es bei der Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen Prioritäten zu setzen.

Keine großen Fortschritte macht die Landeshauptstadt auch bei der Verringerung ihres CO2-Ausstoßes. Zwar wurde der Anteil der Erneuerbaren Energiequellen von 20 GWh 1990 auf 490 GWh 2013 enorm gesteigert und der Pro-Kopf Ausstoß an CO2 ging im gleichen Zeitraum um 5 % zurück. Aber jede und jeder WiesbadenerIn produziert nach wie vor 10,2 Tonnen des Klimagases und damit 700 kg mehr als ein durchschnittlicher Bundesbürger mit 9,5 Tonnen (zum Vergleich: Das Leitszenario des Bundesumweltministeriums geht von einer Zielmarke von 4,6, Tonnen 2030 aus). Auch hier sind der Verkehr im privaten wie im Güterbereich die Ursache dafür, dass sich der Ausbau der Erneuerbaren und der Umstieg von Kohle auf Gas nicht deutlich positiver auf die CO2-Bilanz auswirken.

Dass Wiesbaden seine Ziele bei der Verringerung des CO2-Ausstosses nicht erreicht, liegt auch daran, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien regelrecht verschlafen wurde. Erneuerbare Energien hatten 2013 nur einen Anteil von 5,25 % unter allen Energieträgern in Wiesbaden. Beim Strom erreichten die Erneuerbaren zusammen sogar nur einen Anteil von 9 % (im Bund immerhin 25,5 %).

Bis auf die Nutzung der Biomasse konnte Wiesbaden bei keinem anderen erneuerbaren Energieträger auch nur annähernd den Bundesdurchschnitt erreichen. Besonderen Nachholbedarf gibt es vor allem bei der Solarenergie. So werden nur 2,5 % der nach Solarkataster möglichen Flächen auch für die Produktion von Wärme oder Strom genutzt. Alle Fotovoltaik-Anlagen bringen es in Wiesbaden auf nur 0,67 % Stromanteil (im Bund 5,2 %)! Wasserkraft, Thermalwassernutzung und Biogas spielen in Wiesbaden eine noch völlig unbedeutende Rolle. Alle Erneuerbaren in Wiesbaden reduzierten 2013 die CO2-Emmissionen im Strombereich um nur 4 % (116.000 t CO2/a).

3.2. Wiesbaden im Klima- Bündnis

Schon seit 1995 ist Wiesbaden Mitglied im Klima-Bündnis der europäischen Städte mit indigenen Völkern der Regenwälder e.V. (kurz: Klima-Bündnis). Die inzwischen mehr als 1700 Mitglieder des Klima-Bündnisses haben sich u.a. zu einer Reduktion der CO2-Emissionen um 10% alle 5 Jahre und der Halbierung der Pro-Kopf-Emissionen bis 2030 (Basisjahr 1990) verpflichtet. Diese in unserer Stadt wenig bekannte Selbstverpflichtung geht über das häufig kommunizierte 20-20- 20-Ziel (20% weniger Gesamtenergieverbrauch und 20% Anteil erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch bis 2020) deutlich hinaus.

Wir GRÜNEN wollen, dass die Selbstverpflichtung als Mitglied des Klima-Bündnisses endlich ernst genommen und im Rahmen der Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes konkrete und nachprüfbare Maßnahmen in 5-Jahres-Schritten formuliert werden, wie das Reduktionsziel erreicht werden soll.

3.3. Städtische Maßnahmen CO2-neutral gestalten

Des Weiteren streben wir GRÜNEN an, alle städtischen Maßnahmen in Zukunft CO2-neutral zu gestalten. Dazu muss den erneuerbaren Energien im gesamten Stadtgebiet Vorrang gewährt werden. Alle Neubauten sollen mit solarthermischen und/oder fotovoltaischen Anlagen ausgestattet werden. Außerdem sollen die Stadt und ihre Eigengesellschaften die Selbstverpflichtung eingehen, den von ihren Einrichtungen verursachten CO2-Ausstoß durch die Finanzierung von Aufforstungsmaßnahmen auszugleichen. Um eine finanzielle Selbstüberforderung zu vermeiden, sollen zunächst 10 % des Ausstoßes ausgeglichen und der Prozentsatz nach und nach erhöht werden.

4. Effektive und effiziente Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes

Das integrierte Klimaschutzkonzept schlägt zahlreiche sinnvolle und unterstützenswerte Maßnahmen vor. Wirksam im Sinne des Klimaschutzes werden diese Maßnahmen jedoch nur, wenn sie auch umgesetzt werden. Dies ist leider nicht selbstverständlich. Denn in Bezug auf die notwendigen Aufgaben und Herausforderungen brachte das Klimaschutzkonzept nichts grundsätzlich Neues. Der Großteil der vorgestellten Maßnahmen war den Fachleuten auch schon vor der Erarbeitung des Klimaschutzkonzepts bekannt.

Warum wurden denn dann die anstehenden Aufgaben nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit in Angriff genommen?

Wir GRÜNEN glauben, dass die Energiewende als das Mittel für einen erfolgreichen Klimaschutz vielmehr sein muss als reine Symbolpolitik. Sie ist eine Querschnittsaufgabe, die die Mitwirkung aller gesellschaftlichen Bereiche erforderlich macht. Die anstehenden Herausforderungen sind anzunehmen und die Maßnahmen aus dem Klimaschutzkonzept konsequent und Schritt für Schritt umzusetzen.

5. Administrative Maßnahmen

5.1. Energiewende als Querschnittsaufgabe – Stärkung kommunaler Strukturen in Wiesbaden

Das integrierte Klimaschutzkonzept benennt konkret 89 Aufgaben, die es in sieben Handlungsfeldern zu bewältigen gilt. Es wäre leichtfertig anzunehmen, dass diese vielfältigen und weitreichenden Aufgaben ohne eine Anpassung der administrativen Rahmenbedingungen erfolgreich bearbeitet werden könnten.

Zunächst muss daher verwaltungsintern die notwendige Organisationsstruktur geschaffen werden. Dazu gehört der Aufbau eines Energiereferats und ressortübergreifender, kooperierender Arbeitsgruppen.

Klimaschutz muss zudem zur Chefsache mit klarer Prioritätensetzung innerhalb der Verwaltung werden.

Schließlich braucht Klimaschutz auch die Bürgerbeteiligung in Form eines Klimaschutzbeirates und ggfs. weiterer Beteiligungsmöglichkeiten (z.B. runder Tisch).

Bei der Bewältigung dieser Herausforderungen darf es kein unkoordiniertes Nebeneinander, keine vermeidbaren Doppelarbeiten und keine Zeitfresser in Form überflüssiger Genehmigungsvorbehalte und umständlicher Abstimmungsprozeduren geben. Dort, wo Einzelne und kleine Projektteams mit ihrer hohen Eigenkompetenz an Grenzen stoßen, muss externe Unterstützung so zeitnah heran gezogen werden können, dass das operative Handeln stets im Fluss bleibt.

Was wir brauchen, ist eine durchgängige Kultur des Vertrauens und der wechselseitigen Unterstützung, die von ganz unten bis ganz oben reicht.

Die Energiewende geht alle an. Sie braucht deshalb eine konsequente und intelligente Öffentlichkeitsarbeit, die auch in der Lage ist, Bürger für Ideen zu begeistern und bei dem Prozess mitzunehmen. Die ersten richtigen Schritte wurden mit der Einrichtung des Bürgerforums getan. Dies ist jedoch nur ein Teil der zu leistenden Aufgaben. Über die eigenen Aktivitäten und Erfolge berichten kann man nur, wenn man tatsächlich Erfolge vorzuweisen hat. Eine reine Ankündigungspolitik würde langfristig ins Leere laufen und kontraproduktiv wirken. Deshalb ist für die Öffentlichkeitsarbeit das eigene Beispiel der entscheidende Hebel zum Erfolg.

5.2. Einrichtung eines Ausschusses „Energie & Klimaschutz“

Eine der drei Säulen, die zu gewährleisten hat, dass die Energiewende gelingt, ist die Stadtpolitik in Wiesbaden. Um einerseits die konkreten Projekte zu Energiewende im politischen Raum zu unterstützen und um das Entstehen und Begleiten einer entsprechenden Verwaltungsstruktur (Stichwort Energiereferat) zu gewährleisten, wird ein städtischer Ausschuss „Energie und Klimaschutz“ gegründet und – zumindest – für eine Wahlperiode entsprechend beauftragt. Die Kompetenz hierzu hat die Stadtverordnetenversammlung, die jederzeit neue Ausschüsse bilden und bestehende auflösen kann.

Aktuell ist das Politikfeld „Energie“ im Ausschuss für Umwelt, Energie und Sauberkeit integriert. Die anstehende Anpassung der Verwaltungsstrukturen an die Querschnittsaufgabe „Energie und Klimaschutz“ erfordert eine höhere Aufmerksamkeit und zusätzliche Ressourcen, auch im politischen Raum. Im zu bildenden Ausschuss „Energie und Klimaschutz“ soll das Fachwissen der Stadtverordneten gebündelt und Entscheidungen der Stadtverordnetenversammlung rund um die Themen Energie und Klimaschutz vorbereitet und in aller Tiefe diskutiert werden.

5.3. Gesellschaft zur Förderung der erneuerbaren Energien und der rationellen Energieverwendung mbH

Um ein wirkungsvolleres Zusammenspiel von kommunalen und privatwirtschaftlichen Aktivitäten und investiven Maßnahmen im Energiebereich zu gewährleisten fordern die GRÜNEN seit langem eine städtische Gesellschaft zur Förderung der erneuerbaren Energien und der rationellen Energieverwendung in Kooperation mit benachbarten Landkreisen und lokalen Unternehmen. Diese Gesellschaft wird den Gestaltungsspielraum schaffen, um neue und unkonventionelle Maßnahmen umzusetzen.

Das können z.B. die Durchführung von Energieeffizienzprojekten, die Kooperation mit Bürgerenergiegenossenschaften oder anderen Projekten aus dem Bereich des Social Business sein. Auch die Vermarktung von Solarenergieprojekten ist eine ideale Aufgabe. Informationsdefizite und Finanzierungsprobleme machen es für viele Hausbesitzer schwierig, die wirtschaftlich vorteilhaften und ökologisch sinnvollen Investitionen in Solaranlagen zu tätigen. Auch hier kann die stadteigene Gesellschaft wichtige Unterstützung leisten, indem sie z.B. geeignete Flächen akquiriert und mit gezielten Vermarktungsstrategien für Bürgerenergieanlagen attraktive Angebote für Wiesbadener BürgerInnen bereitstellt.

5.4. Energiereferat einrichten und kompetent besetzen

Derzeit ist das Thema Energie in mehreren Dezernaten, v.a. im Umweltdezernat und im Hochbauamt, angesiedelt. Es gibt jedoch keine übergeordnete und koordinierende Stelle.

Für einen effizienten Klimaschutz müssen die Verwaltungsstrukturen reorganisiert werden.

Die GRÜNEN setzen sich für eine Bündelung der Verantwortlichkeiten in einem neu zu schaffenden Energiereferat ein. Dieses muss in wichtigen Energiefragen eine Weisungsbefugnis haben und über ein Recht auf Information bzgl. energierelevanter Daten und Prozesse verfügen. Es ist durch personelles Aufgabenprofil, Vertragsgestaltung und Referatsstruktur sicherzustellen, dass die Energiefachleute in der Verwaltung ihren Job gut erfüllen können und sie nicht durch andere Pflichten lahmgelegt werden und damit ihr Engagement und ihre Expertise der Stadt erhalten bleiben.

Personalkosten fürs Energiesparen lohnen sich nicht nur für die Umwelt, sondern auch für den städtischen Haushalt. Unproduktiv im doppelten Sinne wären Mitarbeiter nur dann, wenn sie ihre Arbeit wegen mangelnder Organisationsstrukturen und interner Hemmnisse nicht wirklich leisten können.

5.5. Klimaschutzagentur stärken

Die vorhandene Klimaschutzagentur muss gestärkt und für die Umsetzung der kommunalen Einsparprogramme ein Energiereferat (s.o.) geschaffen werden.

Die Energieberatung ist dabei ein wichtiges Element. Dabei muss die Abstimmung zwischen privaten und institutionellen Energieberatungsangeboten verbessert werden. Wir streben auch bei Vereinen, Verbänden, Institutionen und den Kirchen eine verstärkte Energieberatung an.

5.6. Klimaschutzbeirat nach HGO

Klimaschutz ist eine langfristige Gemeinschaftsaufgabe, die nicht nur die Verwaltung, sondern alle Bereiche des Stadtlebens angeht und betrifft. Die für den Klimaschutz notwendigen Veränderungs- und Anpassungsprozesse müssen von den Bürgern und der Wirtschaft mitgetragen und mitgestaltet werden.

Ein geeignetes Mittel, um die Bürgerschaft in den Prozess der Energiewende einzubinden und um die Wissens- und Erfahrungspotentiale der Wiesbadener BürgerInnen und Unternehmen optimal zu nutzen, wäre die Gründung eines Klimaschutzbeirates gemäß § 8c der hessischen Gemeindeordnung (HGO). Mit diesem Beirat würde ein Forum geschaffen, in dem Fachleute und interessierte Bürgerinnen und Bürger bei der Planung und Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen eng mit der Verwaltung zusammenarbeiten können und in dem ihnen ein Anhörungs-, Rede- und Vorschlagsrecht gewährt wird.

5.7. Satzungsmäßige Unternehmensziele für ESWE & KMW

In den Satzungen von ESWE-Versorgung und KMW müssen wirksamer Klimaschutz und die zügige Umsetzung der Energiewende als Unternehmensziele festgeschrieben werden. ESWE-Versorgung muss ein Konzept auflegen, das aus dem konventionellen Energieversorger mit eher symbolischem Umwelt-Engagement im Verlauf von zehn Jahren einen 100-prozentigen Öko-Energieanbieter macht. Atom- und kohlefreier Strom und Erdgas mit vollem CO2-Ausgleich werden dadurch vom Nischenprodukt zum flächendeckenden Standardangebot.

5.8. Energiepolitik über Grenzen hinweg – bessere regionale Abstimmung

Der Blick über den Tellerrand ist auch in anderer Hinsicht wichtig: Wir brauchen insbesondere eine bessere regionale Abstimmung der Energiepolitik von Wiesbaden bis Mainz, vom Rheingau- Taunus-Kreis bis zum Hochtaunus- Kreis. Solange jede Teilregion nur ihre eigenen Möglichkeiten im Blick hat und auf kurzfristige Vorteile setzt, bleiben Chancen gemeinsamen Handelns ungenutzt. Außerdem besteht beim Bau von Anlagen, die Biomasse oder Müll energetisch nutzen, das Risiko der Entstehung von Überkapazitäten, die mancher Kommune eine Investitionsruine bescheren kann.

6. Maßnahmen zur Energieeinsparung und –effizienz

Die umweltfreundlichste und meist auch billigste „Energiequelle” ist, sparsam mit Energie umzugehen bzw. sie so effektiv wie möglich einzusetzen. Für einen wirkungsvollen Klimaschutz ist diese „Ressource” auch in absehbarer Zukunft unerlässlich und muss so weit wie möglich genutzt werden – die darin liegenden Potenziale sind noch lange nicht ausgeschöpft.

6.1. Wärmedämmung

Insbesondere bei der Wärmedämmung von Gebäuden sind große Energieeinsparungen möglich. Im städtischen Aufgabenbereich betrifft dies vor allem die energetische Sanierung und die energieeffiziente Bewirtschaftung von Gebäuden und Liegenschaften, um in den Bereichen Heizung, Warmwasser und Beleuchtung Einsparungen zu erzielen. Dies gilt insbesondere für die anstehende Sanierung von Schulgebäuden, wo in einem Zeitraum von etwa 10 Jahren sowohl die Gebäudedämmung als auch die Heizungsanlagen auf den neuesten Stand gebracht werden können.

Mittlerweile stehen auch geeignete Dämmmaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen als Alternativen zu den erdölbasierten zur Verfügung. Wir GRÜNEN wollen, dass bei allen Baumaßnahmen der Stadt Wiesbaden und der städtischen Gesellschaften statt Styropor Dämm-Materialien zum Einsatz kommen, die eine bessere Öko-Bilanz aufweisen.

6.2. Beleuchtung

Wesentliche Potenziale für die Steigerung der Energieeffizienz in der Stadt Wiesbaden liegen in der Modernisierung der kommunalen Außenbeleuchtung (insbesondere Straßenbeleuchtung) und der Innenbeleuchtung kommunaler Gebäude. Studien zu einzelnen Projekten in anderen Städten und Befragungen ergaben Einsparpotentiale jenseits von 50%. Die Stadtwerke haben schon damit begonnen, auf die wesentlich effektiveren LED-Leuchten umzustellen.

Neben der Energieeinsparung hat eine Modernisierung mit LED auch weitere positive Effekte. Bei der Außenbeleuchtung kann man mit einer intelligenten Lichtsteuerung Wahrzeichen der Stadt durch bessere Farbwiedergabe in Szene setzen und auch der (Verkehrs-)Sicherheit wird mit einer punktgenauen bzw. erweiterten Ausleuchtung gedient.

Im Rahmen der Modernisierung der Innenbeleuchtung führt eine tageslichtbezogene Anpassung mit LED und Sensoren zu einer höheren Zufriedenheit und Produktivität der in den Räumen arbeitenden Menschen. Um diese Potentiale jedoch zu nutzen, bedarf es des Aufbaus von Kompetenzen und Kapazitäten in den entsprechenden Verwaltungseinheiten (bspw. über vorhandene Hilfsmittel, Leitfäden und Energieagenturen) bzw. der neutralen Ausschreibung für eine externe Vergabe der Modernisierung (bspw. an die Stadtwerke oder an einen Contractor). Wir Grünen fordern daher eine Stärkung der (technischen und betriebswirtschaftlichen) Kompetenz in der Verwaltung und die ausdrückliche Berücksichtigung der Energieeffizienzkriterien und weiterer positiver Elemente bei der Beschaffung und Modernisierung der Außen- und Innenbeleuchtung kommunaler Liegenschaften.

6.3. Ökoprofit

Seit dem Jahr 2000 fördert die Stadt Wiesbaden mit dem Umweltberatungsprogramm Ökoprofit die ökologische Optimierung von Wiesbadener Unternehmen. Dadurch leistet die Stadt in Kooperation mit der Wirtschaft einen positiven Beitrag zur Energieeinsparung, zum Umwelt- und zum Klimaschutz. Gleichzeitig trägt das Ökoprofit-Programm zu Kostensenkungen in den Betrieben bei.

Somit ist Ökoprofit eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle und erfolgreiche Maßnahme, die fortgesetzt und ausgebaut werden sollte.

Dass ein erheblicher Ausbau des Projektes sowie weitere Maßnahmen in gleicher Richtung dringend erforderlich sind, wird anhand der aktuellen Zahlen deutlich: Die Wirtschaft ist mit 4,27 Millionen Megawattstunden der größte Endenergieverbraucher in unserer Stadt. Das sind ca. 78 Prozent mehr als der Verbrauch der privaten Haushalte. Gleiches gilt für den Ausstoß von Kohlendioxid, bei dem der Bereich Wirtschaft mit 1,4 Millionen Tonnen jährlich der mit Abstand bedeutendste Verursacher ist.

Im Projektjahr 2014 wurden durch Ökoprofit etwa 4.880 Megawattstunden Gesamtenergie eingespart, was etwa einem Tausendstel (0,1%) der in der Wiesbadener Wirtschaft verbrauchten Energie entspricht. Auch die Anzahl der an solchen Projekten teilnehmenden Betriebe sollte deutlich ausgebaut werden: Von den etwa 12.000 Unternehmen in Wiesbaden nahmen im Jahr 2014 nur 37 Unternehmen und Einrichtungen am Ökoprofit-Projekt teil.

Grüne Energie- und Klimaschutzpolitik in Wiesbaden wird die Kooperation zwischen der Stadt und der Wirtschaft mit weiteren Projekten in beiden Bereichen deutlich ausbauen und damit nicht nur deutlichere Energieeinsparungen und Klimaschutzwirkungen erzielen, sondern auch die Zukunftsfähigkeit Wiesbadener Unternehmen intensiv befördern.

Unser Fazit: Ökoprofit ist ein sinnvolles Projekt, jedoch ist ein deutlicher Ausbau erforderlich.

7. Maßnahmen zur Energieerzeugung / Erneuerbare Energien ausbauen

7.1. Windkraft

Wir Grünen begrüßen den Bau von Windkraftanlagen auf dem Taunuskamm. Denn die Windkraft ist in der heutigen Zeit nicht nur ein wichtiger, sondern sogar ein notwendiger Beitrag zum Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz. Bei der Errichtung von Windkraftanlagen werden heute sehr hohe Anforderungen in Bezug auf die Sicherheit sowie den Umwelt- und Naturschutz gestellt.

Unter diesen Bedingungen überwiegen die ökologischen Vorteile der Windenergie ihre möglichen lokalen Auswirkungen bei weitem. Daher gibt es, außer dem subjektiv empfundenen ästhetischen Eingriff in das Landschaftsbild, in den meisten Fällen keine ernstzunehmenden Gründe gegen die Windkraft.

Windkraft- und Energiewendegegner geben meist vor, sie wären gar nicht gegen einen „vernünftigen“ Einsatz der Windenergie, sondern nur gegen den aus ihrer Sicht ungeeigneten Standort. Solange aber andere Standorte oder grundsätzliche Alternativen zur umweltfreundlichen Stromerzeugung nicht benannt werden, ist dies ein Scheinargument, das die Lösung der Probleme auf woanders und irgendwann verschiebt.

Die Politik darf sich nicht von unsachlichen Polemiken und einem unverantwortlichen Leugnen der Erfordernisse in die Irre leiten lassen, sondern muss ihre Verantwortung für die Umwelt und für zukünftige Generationen hier und heute wahrnehmen. Das erfordert heute ein Klares Ja zur Windkraft.

Ausgleichsmaßnahmen für Windkraft / Schutzstatus von Wald

Wir Grünen betonen seit jeher den besonderen Wert des Waldes für Mensch und Natur und leiten daraus einen hohen Schutzstatus für ihn ab. Trotzdem lehnen wir die Windkraftnutzung im Wald nicht grundsätzlich ab, da in vielen Fällen die damit verbundenen Umweltvorteile die Nachteile deutlich überwiegen. Und leider besteht in Hessen oft keine Wahlmöglichkeit, da viele der besonders gut geeigneten Windkraftstandorte in Waldgebieten liegen.

Wir halten die mit der Windkraftnutzung verbundenen Eingriffe für vertretbar. Objektiv betrachtet wird dadurch weder das Ökosystem Wald gefährdet, noch wird der Wald in seiner Erholungs- und Freizeitfunktion nennenswert eingeschränkt.

7.2. Solarenergie / Photovoltaik

Informationskampagne für Photovoltaikanlagen für den Eigenverbrauch: Das Preisniveau für Stromerzeugung aus Fotovoltaik („Systemkosten“) ist in den letzten 8 Jahren um mindestens zwei Drittel gefallen und kann die Kosten des Strombezugs aus dem Netz leicht unterbieten. Das heißt, dass selbst für gewerbliche Verbraucher die Installation einer PV-Anlage zur Verbrauchssenkung wirtschaftlich sein kann unabhängig vom EEG.

Diese Tatsache ist noch nicht in den Köpfen der Verbraucher angekommen und sollte seitens der städtischen Gremien kommuniziert werden, am besten anhand von Beispielfällen.

7.3. Geothermie

Die Tiefengeothermie steckt noch in den Anfängen. Derzeit laufen Planungen eines Tiefengeothermiekraftwerks im Raum Delkenheim/Hochheim/Hochheim-Massenheim durch die ESWE-Versorgung. Wir GRÜNEN setzen uns für die gründliche Erkundung der Nutzungsmöglichkeiten in der Region ein und befürworten den Bau einer Anlage, wenn der Nutzen deutlich die potentiellen Risiken übertrifft.

7.4. Kraft-Wärme-Kopplung

Die Kraft-Wärme-Kopplung ist eine der wichtigsten Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und damit zur Senkung der CO2-Emissionen. Laut Klimaschutzkonzept waren 2014 in Wiesbaden ca. 100 KWK-Anlagen mit einer Leistung von 40,6 MW installiert. Ihr Anteil an der Stromerzeugung betrug 11% und lag damit unter dem bundesweiten Durchschnitt (16%). Bemerkenswert ist, dass der Anteil kleinerer KWK-Anlagen (unter 100 kW) nur 4% der Gesamtleistung beträgt.

Es müssen also weitere Anstrengungen zum Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung unternommen werden. Potentiale liegen vor allem im Bereich kleinerer Anlagen, da damit auch kleinere Wohngebiete, Mehrfamilienhäuser oder Verwaltungs- und Gewerbekomplexe versorgt werden können. Außerdem sollten kleinere Kraftwärmekopplungsanlagen auf Erdgasbasis dort eingesetzt werden, wo die Nutzung erneuerbarer Energien nicht möglich oder weniger wirtschaftlich ist.

8. Bürger-Energiegenossenschaften

Dem bürgerschaftlichen Engagement für die erforderliche Energiewende wird durch die wirtschaftliche attraktive Beteiligung an Bürger-Solaranlagen und Bürger-Windkraftanlagen ein wichtiges Handlungsfeld eröffnet. Nur wenn BürgerInnen die Energiewende vor Ort aktiv mitgestalten können, lässt sie sich im breiten gesellschaftlichen Konsens erfolgreich realisieren.

Ein sehr erfolgreiches Modell der Mitgestaltung sind dabei die Bürger-Energiegenossenschaften, die aus passiven BürgernInnen aktive MitgestalterInnen macht.

Wir GRÜNEN unterstützen den Aufbau einer Bürger-Energiegenossenschaft in Wiesbaden.

Genossenschaften sind bereits tief und traditionell in unserer Gesellschaft verankert (Banken, Landwirtschaft, Einzelhandel, usw.) und genießen darüber hinaus auch in wirtschaftlichen Zusammenhängen ein hohes Ansehen, da es sich durch umfassende Prüfungsmechanismen (Genossenschaftsverband, Aufsichtsrat, usw.) um die wirtschaftlich stabilste Unternehmensform in Deutschland handelt. Im Unterschied zur Beteiligung an Kommanditgesellschaften geht hier die Beteiligungs- und Mitwirkungsmöglichkeit deutlich über ein rein finanzielles Investment hinaus, da sich jedes Mitglied gleichberechtigt an wichtigen Entscheidungen der Genossenschaft beteiligen kann. Somit wäre eine Wiesbadener Bürger-Energiegenossenschaft ein wichtiges Instrument, um die geringe, bisherige Beteiligung an Energiewendeprojekten in der Wiesbadener Bürgerschaft deutlich auszubauen.