E – Natur- und Umweltschutz für ein lebenswertes Wiesbaden

1. Umwelt- und Naturschutz

1.1. Herausforderungen im urbanen Raum und in der Landschaft

Wiesbaden ist eine grüne Stadt und wir GRÜNE wollen, dass das auch so bleibt!

Wir wollen die vielfältige Kulturlandschaft in unserem städtischen Umfeld erhalten und deshalb gilt es, so wenig land- und forstwirtschaftliche Fläche wie möglich in Bauland umzuwandeln. Die Agrarflächen in städtischem Besitz sollen grundsätzlich umweltgerecht bewirtschaftet werden.

Wir wollen Flächen entsiegeln, attraktive grüne Plätze gestalten, Bachläufe offenlegen und renaturieren, Biotope verbinden, Frischluftschneisen erhalten.

Kernstück GRÜNER Umweltpolitik ist die Förderung und Weiterentwicklung von Biotop- und Artenschutz.

Wir setzen uns für den Erhalt der Streuobstwiesen als ökologisch wertvolle Kulturlandschaft und Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten ein. Sie sind charakteristisch für ganze Ortslagen in Wiesbaden und verdienen schon deshalb unsere besondere Fürsorge. Aber auch Alleen, Wälder und Auen sind Biotope, die wir pflegen und schützen werden.

Eine grüne Stadt mit vielen gesunden Bäumen trägt zur Lebensqualität ihrer BürgerInnen bei. Damit wir dieses wertvolle Grün erhalten können, müssen die Bäume gesichert und gepflegt werden. Deshalb wurde 2007 auf unser Betreiben hin wieder eine Baumschutzsatzung erlassen. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die Schutzwirkung der jetzigen Satzung nicht ausreicht. Deshalb plädieren wir für eine Nachbesserung, die dafür sorgt, dass mehr Bäume nachgepflanzt werden.

Die derzeitige Aufteilung der „grünen“ Ämter und Fachbereiche auf verschiedene Dezernate (Umweltdezernat und Ordnungsdezernat) halten wir für falsch. Für uns GRÜNE gehören das Umweltamt und das Amt für Grünflächen, Landwirtschaft und Forsten in eine Hand, nämlich ins Umweltdezernat.

1.2. Kommunale Biodiversitätsstrategie

Wir GRÜNE stehen dafür, dass die Bewahrung der Artenvielfalt und damit auch der Erhalt unserer Lebensgrundlagen ein Top-Thema in unserer Stadt wird. Beim Erhalt der biologischen Vielfalt (Biodiversität) kommt den Kommunen wegen ihrer Handlungsmöglichkeiten vor Ort eine besondere Bedeutung zu. Es gibt in Wiesbaden seit vielen Jahren Aktivitäten zum Erhalt der Artenvielfalt, zum Biotopschutz und zur Landschaftspflege, die wir intensivieren wollen. Wiesbaden soll dem „Bündnis Kommunen für biologische Vielfalt“ beitreten und sich gemeinsam mit anderen besonders engagierten Städten für den Schutz der Biodiversität einsetzen. Die Maßnahmen zum Erhalt der biologischen Vielfalt sollen in die hessische Biodiversitätsstrategie eingebunden werden. Wiesbaden trägt als Landeshauptstadt eine besondere Verantwortung, zum Gelingen dieser Strategie beizutragen.

1.3. Biosphärenregion Rheingau- Taunus/Wiesbaden/Mainspitze

Biosphärengebiete sind von der UNESCO initiierte Modellregionen, in denen eine nachhaltige Entwicklung in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht exemplarisch verwirklicht werden soll. Seit Jahren wird vor allem im benachbarten Rheingau-Taunus-Kreis die Idee eines Biosphärengebiets Rheingau-Taunus- Kreis/Wiesbaden/Mainspitze diskutiert. Das Projekt ist als Zielsetzung Bestandteil des schwarz-grünen Koalitionsvertrags der hessischen Landesregierung. Wir wollen, dass Wiesbaden sich beteiligt, denn es besteht seitens der UNESCO großes Interesse an einer weiteren europäischen Metropolregion neben dem „Biosphärenpark Wienerwald“ mit der Stadt Wien. Wir GRÜNE sehen die damit verbundenen Chancen für eine umweltgerechte und nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung, für die Tourismusförderung und für den Erhalt der vielfältigen Landschaft in der Region. Mit uns wird daher endlich auch in Wiesbaden eine öffentliche Debatte zu einer Biosphärenregion beginnen und eine ergebnisoffene und vom Land Hessen finanzierte Machbarkeitsstudie beauftragt.

1.4. Städtische Grünflächen: Artenvielfalt und Naturerlebnis fördern

Städte brauchen ihre grünen Lungen, ihre Parks und Grünflächen. Wo immer möglich, sollten unnötig versiegelte Flächen wieder begrünt werden, als Projekt eignet sich z.B. der alte Parkplatz am Paulinenhang.

Neben seiner Naherholungsfunktion und seiner ästhetischen Wirkung hat Stadtgrün – ob als Park, Spielplatz oder verwilderte „Restfläche“– eine große Bedeutung für den Erhalt und die Förderung der Biodiversität sowie für ein angenehmes Stadtklima. Es besteht hier aber ein Zielkonflikt zwischen dem Erhalt grüner „Restflächen“ und der Inanspruchnahme durch Nachverdichtungsmaßnahmen. Wir GRÜNE wollen, dass eine flächendeckende Mindestausstattung mit grünen Oasen für die Wohnbevölkerung in allen Stadtteilen garantiert wird.

Darüber hinaus fordern wir, dass die Biotop- und Klimaschutzfunktion aller Grünanlagen durch entsprechende Pflege und Gestaltung gestärkt wird und dass diese innerstädtischen Lebensräume miteinander vernetzt werden. Bei allen Bauvorhaben sollen die Auswirkungen auf die Biotopvernetzung ebenso beachtet werden wie die Klimaauswirkungen.

Naturnahe Wiesen, Staudenbeete und Hecken bieten auch in der Stadt Lebensraum für viele einheimische Tiere und Pflanzen. Damit kann artenreiches und lebendiges Stadtgrün anstelle von Rasenflächen entstehen.

Wir GRÜNEN werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass die Grünpflege ausreichend im städtischen Haushalt finanziert wird. Eine naturnahe Pflege wirkt hier sogar kostensenkend. Ebenso muss die Verwaltung mit ausreichenden Mitteln ausgestattet werden, um rechtswidrige Heckenrodungen, Baumfällungen, Umwandlungen von grünen Vorgärten in Parkplätze oder andere Eingriffe in das wertvolle Stadtgrün konsequent ahnden zu können.

Laubsauger oder -bläser schädigen Umwelt und Gesundheit durch Lärm und Schadstoffe und stören den Naturhaushalt. Wir GRÜNE wollen, dass ELW und das Grünflächenamt auf akkubetriebene Geräte umstellen und den Einsatz auf asphaltierte Flächen begrenzen.

1.5. Bürgergärten

Um auch der Stadtbevölkerung den eigenen Anbau von gesundem Obst und Gemüse zu erleichtern, wollen wir den Bestand an Kleingärten erweitern und gemeinsam mit den Vereinen für neue Nutzergruppen öffnen. Freiflächen, die als Nutzgärten verwendet werden können, wollen wir zu BürgerInnengärten bzw. internationalen Gärten werden lassen, in denen Menschen unterschiedlicher Nationalitäten gemeinsam gärtnern. Hierzu soll die Kooperation mit den in diesem Bereich bereits aktiven BürgerInnen und Vereinen ausgebaut werden. Die Vereine der Kleingärten in Wiesbaden sollen durch feste Budgets Planungssicherheit bekommen. Ebenso sollen sie dabei unterstützt werden, bestehende Gesetze und Verordnungen ihren Pächtern zu vermitteln.

1.6. Abholung und Verwertung von Grünschnitt zurück in kommunale Verantwortung

Gartenabfälle aus privaten Grundstücken sollen stofflich oder energetisch weiter verwertet werden. Vor allem BürgerInnen ohne eigenes Auto sind auf eine Abholung ihrer sperrigen Gartenabfälle angewiesen. Deshalb wollen wir die kostenlose Grünschnittentsorgung wieder einführen und damit viele vermeidbare Einzelfahrten per PKW zur Deponie oder den Recyclinghöfen einsparen.

1.7. Vogelschutz in der Stadt

An vielen Gebäuden lassen sich ohne großen Aufwand Nisthilfen für Vögel und Fledermäuse installieren. Wir GRÜNE setzen uns dafür ein, dass solche Artenschutzmaßnahmen unter fachlicher Beratung bei städtischen Neubauvorhaben grundsätzlich mitgeplant und dass Bestandsgebäude wo immer möglich nachgerüstet werden.

Vogelfreundliches Bauen bedeutet aber auch, große spiegelnde Glasflächen zu vermeiden, an denen Vögel zu Tode kommen. Besonders gefährlich sind solche Flächen in unmittelbarer Nähe von Bäumen und Hecken. Wir fordern, dass vogelfreundliches Bauen Standard bei öffentlichen Bauvorhaben wird und Bestandteil der entsprechenden Ausschreibungen wird.

Wir unterstützen die Aktivitäten der Naturschutzbehörde, die bei Bauvorhaben regelmäßig entsprechende Hinweise gibt, fordern aber darüber hinaus, dass Bebauungspläne so gestaltet werden, dass Vogelschutz gewährleistet ist. Es gibt zu viele Tauben in der Stadt und zu wenige betreute Schläge, um die Population zu steuern. Daher sollen städtische Gebäude auf Eignung geprüft werden, um weitere betreute Schläge zu errichten und zu unterhalten. <Projekt Stadttauben>

1.8. Stadtbäume pflanzen, pflegen und schützen

Bäume in der Stadt haben viele wichtige Funktionen. Sie produzieren Sauerstoff und sorgen für ein angenehmes Klima, sie binden Staub und filtern die Luft, sie sind Lebensstätte für viele Tierarten. Wiesbadens Bäume und Alleen prägen das Stadtbild und stellen einen Schatz dar, den es zu bewahren gilt.

1.8.1. Baumkataster

Viele Bürgerinnen und Bürger setzen sich für den Erhalt ihrer Stadtbäume ein, was immer wieder zu Konflikten bei geplanten Baumfällungen führt. Um hier mehr Transparenz zu schaffen, wurde auf GRÜNE Initiative hin ein digitales und öffentlich einsehbares Baumfällkataster eingerichtet. Wir setzen uns dafür ein, dass künftig alle Fällvorhaben, aber auch die geplanten Ersatzpflanzungen dort vollständig dokumentiert werden. Darüber hinaus werden wir das Fällkataster zu einem umfassenden allgemeinen Baumkataster ausbauen, in dem alle städtischen Bäume mit den zugehörigen Informationen dargestellt werden. Hier soll auch verzeichnet werden, wo Höhlenbäume stehen, die ökologisch besonders wertvoll sind.

1.8.2. Baumschutz verbessern

Den Baumschutz wollen wir nach dem Vorbild Frankfurts verbessern.

Die derzeitige Baumschutzsatzung verlangt bei genehmigten Baumfällungen nur in wenigen Fällen eine Nachpflanzung. Wir möchten die Baumschutzsatzung daher wieder an frühere Fassungen angleichen, die deutlich mehr Nachpflanzungen vorsahen. Hierbei werden wir uns an der Mustersatzung des Deutschen Städtetages orientieren, die beispielsweise auch Hecken unter Schutz stellt.

Außerdem wollen wir bei größeren städtischen Fällmaßnahmen (z.B. Alleenumbau) eine BürgerInnenbeteiligung einführen.

Ein Leitfaden nach dem Vorbild von Frankfurt zum Erhalt der Parks und Stadtwälder unter Berücksichtigung der Verkehrssicherheit, wird für den Schutz von alten Höhlenbäumen sorgen. Baumkontrolleure werden im Artenschutz konsequent weitergebildet, Bäume nicht ohne den Rat von Artenschutzexperten gefällt, Zuwiderhandlungen mit empfindlichen Geldbußen belegt. Um Konflikten präventiv zu begegnen sollen unter gefährdeten Bäumen keine Attraktionspunkte geschaffen und die Wegführung in Parks und Wäldern, ggf. auch die Reduzierung eines zu dichten Wegenetzes überprüft werden. Baumhöhlenbäume müssen kartiert und markiert werden.

An Straßen und Wegen sollen Gehölze nicht Tabula rasa durch Schnitt- und Häckselmaschinen gerodet, sondern mit Blick auf Umwelt-, Tier- und Artenschutz sensibel ausgelichtet und gepflegt werden. Es wird keinen Freibrief mehr für die flächige Abholzung des öffentlichen Raumes geben. Das Bundesnaturschutzgesetz legt dafür die rechtliche Grundlage und muss auf kommunaler Ebene konsequent umgesetzt werden. Mindestens 10 Prozent der Fläche Wiesbadens sollen zu einem möglichst zusammenhängenden Biotopverbundsystem unter Einbeziehung der Streuobstwiesen umgestaltet werden (Muss-Bestimmung in § 21 Abs. 6). Wir fordern für Wiesbaden analog des Frankfurter Leitfadens für Höhlenbäume einen Leitfaden Heckenschutz mit konkreten Maßnahmen auf allen Ebenen.

Informationsmaterial und Exkursionen besonders mit Schulen werden für Akzeptanz in der Bevölkerung sorgen. Die mit der Umsetzung betrauten städtischen MitarbeiterInnen werden konsequent in den Bereichen Arten- und Umweltschutz geschult und sensibilisiert.

1.8.3. Pflanzung und Pflege der Stadtbäume besser finanzieren – gemeinsam mit den BürgerInnen

Stadtbäume wachsen schon heute unter extremen Bedingungen. Der Klimawandel mit neuen Krankheitsbildern und Baumschädlingen belastet sie zusätzlich. Für die Wiesbadener Stadtbäume wird jedoch seit Jahren nicht genug Geld in den Haushalt eingestellt, um eine ausreichende Erhaltungspflege und alle erforderlichen Nachpflanzungen zu finanzieren. Das hat dazu geführt, dass Baumpflege auf Verkehrssicherungsmaßnahmen reduziert wurde und dass viele offene Baumstandorte unbepflanzt blieben. Wenn hier nicht künftig deutlich mehr Geld investieren wird, ist Wiesbadens prägender Baumbestand in seiner Gesamtheit auf Dauer nicht zu halten.

Wir GRÜNE werden weiterhin dafür kämpfen, dass die Haushaltsmittel für Baumpflege und Nachpflanzungen deutlich aufgestockt werden. Eine Verbesserung konnten wir zwar schon für den Haushalt 2014/2015 erreichen, aber hier wollen wir deutlich mehr tun.

Wir fordern als Ergänzung zum städtischen Baum-Etat eine Bürgerspendenkampagne wie sie mit dem Programm „Mein Baum – meine Stadt“ bereits sehr erfolgreich in Hamburg oder mit den „Stadtbäumen für Berlin“ in der Bundeshauptstadt durchgeführt wurde. Grundlage ist eine digitale Stadtkarte, auf der offene Baumstandorte eingetragen und mit Nummern versehen werden. Die BürgerInnen können dann in beliebiger Höhe für bestimmte Neupflanzungen, aber auch standortunabhängig spenden. Sobald € 500 für einen Baum zusammengekommen sind, legt die Stadt die fehlenden € 500 (oder mehr) dazu und pflanzt den Baum.

1.9. Artenvielfalt in der Kulturlandschaft erhalten

Besonders in den Landwirtschaftsflächen geht bundesweit die Artenvielfalt dramatisch zurück. Wir wollen, dass Wiesbadener Kinder auch weiterhin Feldlerchen, Schmetterlinge und bunte Blumenwiesen in freier Natur erleben können. Daher besteht hier der dringendste Handlungsbedarf – auch in Wiesbaden.

1.9.1. Landschaftspflege besser finanzieren

Unsere Kulturlandschaft entstand einst durch landwirtschaftliche Nutzungsformen und sie ist in ihrer Vielfalt auch nur in Kooperation mit der Landwirtschaft zu erhalten. Wir möchten daher die bestehenden erfolgreichen Vertragsnaturschutzprojekte ausbauen, die z.B. die Pflege von bestehenden Naturschutzflächen durch Dritte. Für die Landschaftspflege sind zusätzliche Mittel in den Haushalt einzustellen.

1.9.2. Außendienst des Umweltamtes stärken

Gleichzeitig ist es erforderlich, Eingriffe in die Landschaft besser als bisher zu unterbinden. Denn trotz gegenteiliger Zielsetzung unserer Wiesbadener Landschaftsschutzgebietsverordnung verschwinden mit Wegrainen und Feldgehölzen wichtige Trittsteinbiotope und Vernetzungselemente in den Landwirtschaftsflächen. Die Kulturlandschaft verarmt und verliert damit auch ihre Qualität für die Naherholung. Für eine ausreichende Kontrolle ist die derzeitige personelle Ausstattung mit gerade einmal sechs AußendienstmitarbeiterInnen (früher: „Feldschutz“) im Umweltamt völlig unzureichend. Wir fordern daher eine dauerhafte Aufstockung des Außendienstes durch fachlich weitergebildetes Personal der sehr viel besser ausgestatteten Ordnungspolizei. Darüber hinaus werden wir prüfen, ob für regelmäßige Kontrollgänge ehrenamtliche GebietsbetreuerInnen aus dem ehrenamtlichen Naturschutz gewonnen werden können.

1.9.3. Schafbeweidung fördern

In der im Landschaftspark Nerotal erfolgreich erprobten Landschaftspflege durch Schafbeweidung sehen wir GRÜNE ein großes Potenzial, das es auszubauen gilt. Schaf- und Ziegenherden können auch in anderen Bereichen, beispielsweise auf Streuobstwiesen einen hervorragenden Beitrag zur Pflege und Erhaltung artenreicher Wiesen leisten. Wichtige Voraussetzung hierfür sind ausreichend große, zusammenhängende Grünlandflächen sowie gefahrenfreie Wanderrouten, auf denen Schafherden zu den Weideflächen getrieben werden können. Wir GRÜNE möchten gemeinsam mit den Wiesbadener SchafhalterInnen und mit interessierten privaten FlächenbesitzerInnen ein Konzept zur Förderung der Schafbeweidung erstellen.

2. Gesunde Lebensmittel und naturverträgliche Landwirtschaft

2.1. Ökolandbau und Artenvielfalt fördern

Wiesbadens Bevölkerung soll sich mit gesunden und umweltschonend erzeugten Lebensmitteln aus der Region versorgen können. Wir möchten daher den ökologischen Landbau fördern, indem städtische Landwirtschaftsflächen vorrangig an Ökolandwirte verpachtet werden. Außerdem müssen auf stadteigenen Flächen Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung, wie etwa die Anlage von Blühstreifen oder Lerchenfenstern als „Biodiversitätsklausel“ verbindlicher Bestandteil der Pachtverträge werden.

2.2. Bienenschutz

Schon Einstein soll gesagt haben: „Stirbt die Biene, so hat der Mensch noch vier Jahre zu leben”. Daher müssen wir einem der drängendsten ökologischen Probleme unserer Zeit entgegenwirken: dem Bienensterben. Damit die Honigbienen, aber auch die Wildbienen nicht aus Nahrungsmangel oder durch Pestizide zugrunde gehen, setzen wir uns für eine ökologische Bewirtschaftung von Klein- und Freizeitgärten ein – ohne den Einsatz bienengefährlicher Pestizide und mit gezielter Anpflanzung von einheimischen Blütenpflanzen. In der landwirtschaftlich genutzten Feldflur können die Bienen durch ausreichend breite und extensiv gepflegte Wegraine unterstützt werden, auf denen heimische und nektarreiche Wildpflanzen toleriert und nicht umgepflügt oder totgespritzt werden. Der Einsatz bienengefährlicher Spritzmittel muss grundsätzlich tabu sein.

2.3. Kooperation mit Landwirten ausbauen und Direktvermarktung unterstützen

Auch außerhalb der stadteigenen Flächen besteht dringender Handlungsbedarf zur Förderung einer umweltgerechteren Landwirtschaft, die dauerhaft auf Gentechnik, bienengefährliche Neonicotinoide und Breitbandherbizide wie Glyphosat verzichtet und den stark bedrohten Tier- und Pflanzenarten der Feldflur wieder mehr Lebensraum lässt. Wir fordern daher die Einrichtung einer kommunalen „Arbeitsgruppe umweltgerechte Landwirtschaft“, in der gemeinsam mit den Landwirten tragfähige Konzepte entwickelt und umgesetzt werden. Hierzu können Fördermittel der EU und des hessischen Agrarumweltprogramms HALM in Anspruch genommen werden. Die Direktvermarktung lokal erzeugter Lebensmittel über Hofläden und Marktstände aber auch durch die direkte Belieferung städtischer Einrichtungen wie etwa Kindertagesstätten, wollen wir weiter fördern und ausbauen. Der Einkauf lokal erzeugter Landwirtschaftsprodukte muss künftig besser als bisher auch ohne Auto möglich sein, indem die Erreichbarkeit der Verkaufsstellen zu Fuß, per Fahrrad oder per ÖPNV verbessert wird.

2.4. Pflege der Streuobstwiesen und Vermarktung von lokalen Streuobstprodukten

Die Landschaft vor allem im Nordosten Wiesbadens ist (noch) geprägt von Streuobstwiesen. Mit ihren alten und höhlenreichen Obstbäumen und dem Grünland im Untergrund sind sie ein besonders artenreicher Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten. Derzeit gibt es nach einer Zählung des BUND in ganz Wiesbaden noch ca. 40.000 Obstbäume, darunter ca. 24.000 Hochstämme. Viele der Streuobstwiesen sind vom Niedergang bedroht, weil diese traditionelle Form der Obsterzeugung heutzutage nicht mehr wirtschaftlich ist und daher die Nutzung, Pflege und Nachpflanzung aufgegeben wurde.

Um möglichst große Anteile der Obstwiesen zu erhalten, müssen sie wieder in eine dauerhafte Nutzung gebracht werden. Auch die Stadt hat Streuobstflächen in ihrem Besitz, die derzeit nicht genutzt und gepflegt werden. Für solche Flächen – ob städtisch oder privat – wollen wir daher eine Vermittlungsbörse einrichten, um sie zu günstigen Konditionen an WiesbadenerInnen zu vergeben, die dort ihr eigenes Obst erzeugen möchten und zur Pflege der Flächen bereit sind.

Unverzichtbar ist hierbei eine fachliche Beratung und bei Bedarf auch praktische Unterstützung, die von der Stadt in Kooperation mit den im Bereich Streuobst engagierten Vereinen angeboten werden soll. Die traditionelle landwirtschaftliche Nutzung der Obstwiesen hat nur eine Zukunft, wenn Apfelwein, Apfelsaft und andere Streuobstprodukte gewinnbringend vermarktet werden können. Die Stadt kann hierzu ihren Beitrag leisten, indem sie mit lokalen Erzeugern und Keltereien Lieferverträge für städtische Kantinen und Mensen abschließt.

3. Wald

3.1. Stadtwald: Auswirkungen des Klimawandels abmildern und Freizeitnutzung steuern

Wiesbadens Stadtwald hat viele Funktionen: Er ist Sauerstoffproduzent und Wasserspeicher, er ist Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten, darunter auch seltene und empfindliche Arten wie Kolkrabe oder Wildkatze, er ist Erholungswald und Holzlieferant. Der Stadtwald wird seit dem Jahr 1999 nach den Forest Stewardship Council (FSC)-Richtlinien naturnah bewirtschaftet. Damit war Wiesbaden Vorreiter im gesamten Rhein-Main-Gebiet.

3.1.1. Wachstum von Mischbaumarten fördern durch effiziente Bejagung

Der Klimawandel stellt die naturgemäße Waldwirtschaft vor neue Herausforderungen – nicht nur durch die zerstörerische Wirkung von Unwettern. Zur Vorsorge ist es daher wichtig, schon jetzt für ein möglichst vielfältiges und standortgerechtes Baumartenspektrum im Stadtwald zu sorgen.

Daher ist es für den Aufbau des Waldes von morgen von zentraler Bedeutung, dass die Jungbäume durch effiziente Bejagung des Reh- und Rotwilds geschützt werden, das sich in den letzten Jahren stark vermehrt hat. Hierfür muss die Möglichkeit zur Verwaltungsjagd wieder eingeführt werden, um die Forstverwaltung in die Lage zu versetzen, jederzeit die Jagd nach Waldschutzkriterien zu organisieren.

3.1.2. Naherholung und Freizeitsport steuern – Ruhezonen erhalten

Wiesbadens Wald dient Spaziergängern und Wanderern zur stillen Naherholung. Er ist Umweltbildungsort für Kindergartenkinder und Schulklassen. Er ist Sportstätte für Jogger und Radfahrer. Gleichzeitig soll er aber auch weiterhin ausreichenden Lebensraum für störungsanfällige Tierarten wie beispielsweise die Wildkatze bieten.

Durch zunehmenden Freizeitdruck und neue Trendsportarten wie beispielsweise dem Downhill-Mountainbiken kann jedoch die Biotopfunktion des Waldes beeinträchtigt werden, wenn hier nicht steuernd eingegriffen wird. Einerseits ist es daher erforderlich, bei bestimmten Nutzergruppen wie beispielsweise Mountainbikern oder auch Geo-Cachern mit gezielter Information für ein naturverträgliches Verhalten zu werben und gegen Fehlverhalten entschieden vorzugehen. Andererseits kann nicht jedem neuen Nutzungsanspruch stattgegeben werden. Weitere Freizeitnutzungen oder sportliche Großveranstaltungen können daher nur zugelassen werden, wenn eine Schädigung und Störung der Tier- und Pflanzenwelt anhand nachvollziehbarer Prüfkriterien ausgeschlossen werden kann. Im Zweifel ist dem Naturschutz Vorrang vor der Freizeitnutzung einzuräumen.

4. Wiesbaden muss leiser werden: Lärmschutz aktiv vorantreiben

Lärm ist vor allem in Städten und Ballungsräumen eines der größten Umwelt- und Gesundheitsprobleme. Lärm schädigt die Gesundheit, wobei der Grad der Schädigung nicht nur von der Höhe des Pegels sondern auch von der Dauer der Einwirkung abhängt. Eine dauerhafte Lärmbelastung bei Pegeln von ca. 60 bis 65 dB(A), wie sie an Hauptverkehrsstraßen üblich sind, kann über lange Zeiträume hinweg zu Bluthochdruck und Herz-Kreislauferkrankungen und schließlich in einigen Fällen zu Herzinfarkt und Tod führen.

Lärm kann zudem den Wert einer Immobilie senken und zu sinkenden Mieteinkünften führen. Das wiederum wirkt sich negativ auf die Einnahmen einer Kommune aus, die über sinkende Mieteinkünfte, Grunderwerbsteuer und Grundsteuer betroffen ist.

Vor allem in verdichteten städtischen Bereichen ist es Aufgabe der Politik, die Menschen vor vermeidbarem Lärm zu schützen. Wir GRÜNEN setzen es uns zum Ziel, die Zahl lärmbetroffener Bürgerinnen und Bürger dauerhaft zu senken und somit eine höhere Lebensqualität zu erreichen. Vordringlich fordern wir daher die konsequente Umsetzung des Lärmaktionsplans Hessen, das den Ballungsraum Wiesbaden als einen der am meisten durch Lärm belasteten Gebiete Südhessens ausweist.

Dringend notwendig ist es, schon bei der Planung auf Lärmvermeidung und Lärmminderung zu achten und darüber hinaus die Lärmsanierung zu forcieren.

4.1. Lärm schon bei der Planung vermeiden

Um Lärmkonflikte nachhaltig zu vermeiden, müsste zwischen Bereichen lärmempfindlicher Nutzung (z.B. Wohnungen, Krankenhäusern) und den Emissionsquellen ein größtmöglicher Abstand gehalten werden. Dies kann in Ballungsräumen nur in ganz wenigen Fällen bei Neuplanung gewährleistet werden. Deshalb ist es zwingend erforderlich die Lärmproblematik bereits frühzeitig in allen Planungsabläufen zu berücksichtigen, also vorbeugende Maßnahmen zum Schutz gegen Lärm zu entwickeln und umzusetzen.

So lässt sich der Lärm durch Straßenverkehr mit einer Reihe aufeinander abgestimmter Einzelinstrumente reduzieren: von der Fahrzeugtechnik, über das Steuerrecht bis hin zur Verkehrsplanung.

Wir GRÜNEN wollen in Wiesbaden zunächst Verkehr vermeiden (z.B. „Stadt der kurzen Wege“), ihn dann auf umweltschonendere Verkehrsmittel (Fuß, Fahrrad, Bus und Bahn) verlagern, und erst zuletzt sollen die Lärmwirkungen durch technische Maßnahmen vermindert werden. Dabei wirken Maßnahmen an der Lärmquelle (leisere Fahrzeuge und Fahrbahnbeläge) flächendeckend und haben insofern Vorrang vor nur lokal wirksamen Lärmschutzwänden, -wällen oder -fenstern.

4.2. Geschwindigkeitsbegrenzung

Eine Verringerung der Geschwindigkeit reduziert grundsätzlich auch den Lärm im Straßenverkehr. Eine Begrenzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, die von betroffenen BürgerInnen gemäß Straßenverkehrsordnung jederzeit beantragt werden kann, senkt aber nur dann die Lärmbelastung, wenn diese auch eingehalten wird.

Meist zeigen nur konsequente Geschwindigkeitskontrollen („Radarfallen“) nachhaltig Wirkung. Das müssen auch wir GRÜNEN leider zur Kenntnis nehmen.

Wie Erfahrungen aus Frankfurt zeigen, reduziert ein Tempolimit in der Nacht von 50 auf 30 km/h den Lärm um 3 bis 4 Dezibel, was einer Halbierung der Lärmbelastung für die BürgerInnen entspricht. Wir GRÜNEN fordern auch für Wiesbaden die Einrichtung von Tempo-30-Zonen in der Nacht durchgängig für alle Wohngebiete und eine Ausweitung auf den 1. Ring sowie auf weitere Durchgangsstraßen, sollten die aktuellen Modellversuche in Frankfurt auf Hauptverkehrsstraßen ähnlich positiv verlaufen.

4.3. Lkw-Fahrverbot

Ein Lastkraftwagen ist durchschnittlich so laut wie zwanzig Personenkraftwagen. Bei einer Straße mit hohem Lkw-Verkehr kann durch Umleitung der Lkw auf Autobahnen und Umgehungsstraßen die Belästigung der BürgerInnen deutlich gesenkt werden. Wir GRÜNEN fordern daher ein Durchfahrtsverbot für Lkw über 3,5 Tonnen für das Stadtgebiet Wiesbaden incl. der B455. Eine solche Regelung soll aber nicht zu Lasten von Anwohnerinnen und Anwohnern anderer Straßen gehen.

4.4. Fahrbahnoberflächen

Die Art des Fahrbahnbelags bestimmt maßgeblich die Lärmemission. In den vergangenen Jahren hat es in der Entwicklung von lärmarmen Fahrbahnbelägen auch im Innenstadtbereich sehr große Fortschritte gegeben.

Mit Hilfe der Lärmkartierung ist es erstmals möglich, den Aspekt der Lärmminderung bei den durchzuführenden Straßenbaumaßnahmen zu berücksichtigen. Ein Abgleich der identifizierten Lärmbelastungsschwerpunkte mit den Fahrbahnoberflächen und Fahrbahnzuständen gibt Hinweise auf vordringlich zu sanierende Straßenabschnitte.

Dabei können beispielsweise folgende Kriterien verwendet werden: ·

  • Höhe der vorhandenen Lärmbelastung, ·
  • Anzahl der lärmbelasteten Bewohner entlang des Straßenabschnitts, ·
  • Lärmminderungspotenzial durch lärmarme Fahrbahnoberflächen, ·
  • Lärmminderungsmöglichkeiten durch Straßenraumgestaltung (Reduzierung der Querschnitte und Seitenräume).

Nach derzeitigem Kenntnisstand können lärmoptimierte Fahrbahnen den Mittelungspegel je nach Belagsart, Verkehrszusammensetzung, Witterung und Geschwindigkeit um 2 bis 5 dB(A) senken. Eine Sanierung schadhafter Fahrbahndecken unter Beibehaltung der bisherigen Belagsart bewirkt je nach Schwere der Fahrbahnschäden nur eine Pegelminderung von ca. 1 bis 2 dB(A).

4.5. Förderung des Umweltverbundes

Die Förderung des Umweltverbundes ist ein wesentlicher Maßnahmenkomplex zur langfristigen und nachhaltigen Reduzierung der Lärmimmissionen durch die Vermeidung von Kfz-Fahrten. Neben der Schaffung durchgehender, attraktiver und sicherer Radverkehrsanlagen sowie der Sicherstellung der Freizügigkeit, Barrierefreiheit und Querungssicherheit für den Fußverkehr hat die Förderung des Öffentlichen Verkehrs einen hohen Stellenwert. Wir GRÜNEN setzen und seit Jahren für diese Ziele ein und haben diesen Themen eigene Kapitel in unserem Wahlprogramm gewidmet <Rad / Verkehr, Förderung des Fußverkehrs, ÖPNV>

4.6. Abschirmungen

Feste Hindernisse wie Schallschutzwände, -wälle, Überdeckungen, Einhausungen behindern die Ausbreitung des Schalls und sorgen für mehr Ruhe für Anwohner. Allerdings sind sie im Innenstadtbereich kaum sinnvoll, weil sie Freiflächen benötigen, Sichtachsen zerschneiden können und eine Barriere für Fußgänger und Radfahrer bieten. Wir GRÜNEN sind aber durchaus für den Einsatz von Wällen und Wänden, wo die örtlichen Gegebenheiten dies zulassen und Lärm wirksam eingedämmt werden kann, z.B. an der A66 beim Neubaugebiet Hainweg oder an der Autobahnbrücke A643. Im Idealfall sollte dabei entweder eine Photovoltaikanlage, eine Begrünung oder eine Präsentationsflächen für Kunst oder Werbung mit vorgesehen werden.

4.7. Schallschutzfenster

Schallschutzfenster besitzen gegenüber normalen Fenstern eine erhöhte Schalldämmung. Schallschutzfenster wirken allerdings nur, wenn sie geschlossen sind, bei gekippter Stellung ist die Schalldämmung nicht besser als bei normalen Fenstern. Der Einbau von Schallschutzfenstern muss oft mit Lüftern verbunden werden, da sonst der Luftwechsel für Sauerstoffzufuhr und Feuchteabtransport nicht gewährleistet ist. Viele Länder und Kommunen haben Förderprogramme zum Einbau von Schallschutzfenstern an hochbelasteten Straßen aufgelegt. Auch die Stadt Wiesbaden sollte nach unserer Meinung ihr eigenes Förderprogramm für besonders lärmbetroffene Straßenabschnitte erneut auflegen und dabei gleich unter dem Aspekt der Energieeinsparung ausweiten. Außerdem ergeben sich Synergieeffekte, wenn Maßnahmen zur Lärmminderung an Gebäuden (Fassadendämmungen, Balkonverglasungen und Vorhangfassaden) auch zur Wärmedämmung beitragen.

5. Wasser – lebensnotwendig und schützenswert

5.1. Renaturierung und Offenlegung der Bäche

Die Stadt Wiesbaden wird von einer Reihe kleinerer Bäche wie Wellritzbach/Schwarzbach und Rambach/Salzbach durchflossen, die ausnahmslos naturfern ausgebaut oder verrohrt sind. In ihrem naturnahen, ursprünglichen Zustand haben sie früher die Innenstadt mit der freien Landschaft verbunden, dienten als Luftleitbahnen und waren wichtige Biotopvernetzungselemente. Der jetzige Zustand ist eine Folge des mehr als 100 Jahre alten „Generalentwässerungsplan für Wiesbaden“, der alle Wiesbadener Bäche aus dem Stadtbild nahm. Das führte nicht nur zum Verlust der ökologischen Funktion der Bäche, sondern begünstigt auch Hochwasserereignisse.

Wir GRÜNE begrüßen die bereits umgesetzten und noch geplanten Renaturierungsmaßnahmen, wie beispielsweise am Wickerbach und am Wellritzbach. Schon jetzt werden 3,7 Millionen Kubikmeter Bachwasser des Wellritzbaches und des Kesselbachs nicht mehr in die Kanalisation geleitet, sondern teilweise offen durch die Stadt geführt. Wir werden uns für eine Konzeption zur Umsetzung weiterer Fließgewässerprojekte im gesamten Stadtgebiet einsetzen und möchten das Projekt „Bäche ans Licht“ fortführen. So möchten wir GRÜNE z.B. die Renaturierung am Goldsteinbach/Rambach weiter vorantreiben.

Eine Renaturierung von Fließgewässern in Wiesbaden umschließt nach unserer Überzeugung aber auch die Offenlegung verrohrter Abschnitte wie es für den Rambach/Salzbach unterhalb des Kurparkweihers zutrifft. Die Verrohrung ist nicht irreversibel, wie ein diesbezügliches Gutachten aus dem Jahr 2007 zeigt. Das rheinland-pfälzische Bad Dürkheim hat es an der Isenach (ökologisch intakter Bach aus der Südpfalz) vorgemacht, wie eine natur- und erlebnisnahe Offenlegung eines städtischen Baches realisiert werden kann. Mit der Wiederherstellung von naturnahen Bachauen wird gleichzeitig Retentionsraum für die zunehmend zu erwartenden Hochwasser geschaffen. Für die BürgerInnen entstehen dadurch zudem neue Naherholungslandschaften.

5.2. Bachpatenschaften

Bachpaten sind engagierte Personen, Vereine oder Schulklassen, die den Gewässerunterhaltungspflichtigen bei der natürlichen und naturnahen Gewässererhaltung und –entwicklung unterstützen. Neben den Instrumenten wie Grunderwerb am Gewässer zur Entwicklung eines Gewässerentwicklungskorridors, Gewässerpflegepläne oder auch Renaturierungen stellen die Bachpaten mit ihrer Präsenz am Gewässer, ihrem persönlichen Engagement und ihrer Ortskenntnis eine Möglichkeit zur Überbrückung eventueller Nutzungskollisionen dar. Bachpaten fördern als Vorbild das Verantwortungsbewusstsein und Verständnis in der Bevölkerung und wirken somit als Multiplikatoren für umweltgerechtes Verhalten.

Wir GRÜNE werben für die Gründung von Bachpatenschaften und begleiten unterstützend die Kooperation zwischen dem Unterhaltungspflichtigen und den Bachpaten.

5.3. Abwässer reinigen – auf dem neuesten Stand der Technik

In Wiesbaden werden unter Anwendung der sogenannten 3. Reinigungsstufe die Nährstoffe, Stickstoff und in bundesweit vorbildlicher Weise Phosphor zweistufig eliminiert (biologisch und chemisch). In Abwässern werden zunehmend Rückstände von Arzneimitteln gefunden. Welches Risiko sie bergen, ist derzeit noch unklar. Grenzwerte fehlen.

Das Hauptklärwerk Wiesbaden muss nach unserer Überzeugung auf den neuesten Stand der Technik aufgerüstet werden. Wir GRÜNE fordern aufgrund zunehmender Belastungen durch Medikamente, Hormone, Pflanzenschutzmittel und Mikrokunststoff-Partikel weitergehende Reinigungsschritte von Spurenstoffen durch Ozonierung, Aktivkohlefilter- sowie Mikrosieb-Verfahren (bezeichnet als 4. Reinigungsstufe). Dafür müssen Flächen zur Erweiterung der Kläranlage bereitgestellt werden, die technisch bedingt am sinnvollsten dem Hauptklärwerk zugeordnet sein sollten. Hier muss ein Kompromiss mit der ansässigen Hammermühle gefunden werden.

Zur Behandlung von in ihrer Zusammensetzung spezieller Klinikabwässer (Medikamente, Röntgenkontrastmittel, Antibiotika, Multiresistente Keime) fordern wir GRÜNEN die Reinigung von Abwässern vor Ort auf dem Klinikgelände. Nur so kann eine effiziente, umweltgerechte Minderung der Belastungen für die Hauptkläranlage erreicht werden.

5.4. Naturnaher Wasserhaushalt statt Kanalisation

Zur unterirdischen Ableitung von Schmutz- und Niederschlagswasser werden bei konventioneller Bebauung in der Regel aufwendige und teure Kanalisationen vorgesehen. Statt des Einsatzes von Mischkanälen wie in der Vergangenheit, ging man in einigen Städten in neuerer Zeit dazu über – wo es sich als sinnvoll erwies – in Neubaugebieten Trennkanäle zu verwenden.

Das anfallende Niederschlagswasser muss jedoch nicht zwangsläufig über die Kanalisation abgeleitet werden. Unter Umständen wird ein Niederschlagswasserkanal sogar überflüssig, wenn durch Verringerung der Versiegelung, Dachbegrünung, Brauchwassernutzung und Versickerung das anfallende Niederschlagswasser in den Wasserkreislauf zurückgeführt wird.

Wir GRÜNE unterstützen die Erstellung von Konzepten für einen naturnahen Wasserhaushalt im Rahmen der Aufstellung von Bebauungsplänen z.B. bei größeren Sanierungsmaßnahmen im Altbestand. Wichtig sind aber auch die Beratung von Bauherren im Vorfeld sowie dann die konsequente Umsetzung der im Bebauungsplan vorgesehenen Maßnahmen.

6. Ein Stück Natur für jeden – auch in Wiesbaden

Naturnahe Spiel- und Erlebnisräume sind entwicklungsfähige Elemente oder Räume, die Kinder von sich aus aufsuchen, sich dort auf vielfältige Weise erproben, sich kreativ einbringen und die Natur mit all ihren Sinnen erleben.

Früher war der Marktplatz in Städten und Dörfern der „Dreh- und Angelpunkt“ der städtischen oder dörflichen Gemeinschaft, ein Treffpunkt für Groß und Klein. Heute findet sich des Öfteren in der Mitte einer Stadt ein Parkplatz. Ziel aller sollte es sein, dass der Lebensmittelpunkt der Gemeinde, insbesondere unserer Kinder, in einem „Stück Natur“ liegt.

Hierfür gilt es, die Qualität des Wohnumfeldes zu verbessern, indem wir GRÜNE dafür Sorge tragen, dass der Gedanke an naturnahe Spiel- und Erlebnisräume frühzeitig in die Planungen miteinbezogen wird:

  • bei der Planung von Neubaugebieten,
  • bei der Sanierung vorhandener Spielplätze,
  • beim Erhalt vorhandener Naturräume sowie
  • bei der Suche nach weiteren Gestaltungsmöglichkeiten einer kinderfreundlichen Umwelt.

7. Böden – mehr als Bauland

Böden sind die Lebensgrundlage für Mensch, Tier und Pflanze und erfüllen eine Vielzahl von Funktionen. Für Wiesbaden sind sie besonders wichtig für die Versorgung mit ortsnah erzeugten Lebensmitteln, ein ausgeglichenes Klima und die Speicherung des Regens, insbesondere bei Unwettern. In Wiesbaden sind sie aber durch Schadstoffe aus Industrie und Verkehr, aber vor allem durch den Flächenverbrauch für Wohnungs- und Gewerbebauten sowie für Infrastrukturmaßnahmen wie z.B. Straßen besonders gefährdet.

Während Klima-, Natur- und Lärmschutz zweifellos für jeden wichtig ist, findet Bodenschutz in Wiesbaden nicht statt. Dabei ist Bodenschutz Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Klima- und Naturschutz und zum Erhalt der Biodiversität.

Aufgrund seiner zentralen Bedeutung für den Erhalt einer intakten Umwelt und der Sicherung unserer Ernährung werden wir GRÜNE darauf drängen, dass Wiesbaden ein kommunales Bodenschutzkonzept entwickelt. Außerdem sollten bei geplanten Ausweisungen für Siedlungs- und Verkehrsflächen ergänzend Instrumente genutzt werden, die eine Folgeberechnung der für die Kommune zu erwartenden Kosten (z.B. „Folgekostenschätzer“ aus Bayern) und der Wirkungen auf das Klima (INKAS des Deutschen Wetterdiensts) ermöglichen. Die so gewonnenen Daten sorgen für eine gute Informations- und Diskussionsgrundlage und für Transparenz im Meinungsbildungsprozess.

Oberstes Ziel muss es sein den Flächenverbrauch zu minimieren. Nur so können die forst- und landwirtschaftlichen Flächen – anteilig die größten Flächen in Wiesbaden – nachhaltig geschützt werden und weiterhin die Funktionen des Bodens erfüllen. Nur so wird auch die Existenz der landwirtschaftlichen Betriebe gesichert. Die Stadt als große Grundstückseigentümerin von land- und forstwirtschaftlichen Flächen muss hier mit gutem Beispiel vorangehen.

Insgesamt muss der Bodenschutz im Verwaltungsvollzug gestärkt werden. Dazu gehören eine Förderung des Bodenbewusstseins innerhalb der Verwaltung und der Entscheidungsträger, die Bildung von Netzwerken mit anderen interessierten Kommunen (Beitritt im Kommunalen Bodenbündnis ELSA) sowie eine Intensivierung der Fortbildung in den Bereichen Stadtplanung und Umwelt.

Im Bereich des Bodenmanagement, das sich mit der Qualität und Entsorgung von Bodenaushub befasst, sind ebenfalls Verbesserungen im „Know How“ und der Information z.B. durch die Gründung einer Bodenbörse anzustreben. So kommt es bei vielen städtischen Baumaßnahmen immer wieder zu Mehrkosten z.B. wegen mit Arsen belasteten Bodenaushubs, obwohl die naturgegebene Vorbelastung im Stadtgebiet eigentlich bekannt und damit einpreisbar sein müsste.

Die Pflege und Aktualisierung des Altlastenkatasters ist weiterhin ausreichend personell auszustatten, da trotz vielfältiger umfangreichen Sanierungsmaßnahmen weiterhin Schadstofffahnen benachbarte Flächen belasten.

Im Mittelpunkt aller Bestrebungen zum Schutz des Bodens steht die Forderung so wenig wie möglich unbebaute, unversiegelte landwirtschaftlich genutzte Flächen umzuwandeln.

8. Luft – mehr als Atmen

Die Luftqualität in unserer Stadt ist ein wichtiger Faktor für das Wohlbefinden und die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger. Meist unsichtbare Luftschadstoffe bewirken Erkrankungen wie z.B. Schädigungen der Atemwege und fördern Asthma, Bronchitis und Entzündungen. Andere Zellschädigungen bis hin zum Lungenkrebs können ebenfalls ausgelöst werden. Zusätzlich beeinträchtigen sie unser Ökosystem, indem sie z.B. das Blattwerk von Pflanzen angreifen.

Ein in Wiesbaden besonders bedeutender Schadstoff ist das Reizgas Stickstoffdioxid, dessen größter Anteil bei uns in den Verbrennungsmotoren des Autoverkehrs entsteht. Zusätzlich zu seiner eigenen Schadwirkung fördert es den Sommer-Smog (Ozon-Vorläufersubstanz) und die Bildung der gefährlichen Feinstaubpartikel in unserer Atemluft. Die durch die Bundes-Immissionsschutz-Verordnung vorgegebenen Grenzwerte für Stickstoffdioxid werden in einigen Bereichen unserer Stadt regelmäßig überschritten. Maßnahmen zur Luftqualität gehen oft Hand in Hand mit anderen Maßnahmen, die wir GRÜNEN in Wiesbaden verwirklichen wollen:

  • Förderung des Öffentlichen Nahverkehrs, des Radverkehrs und der Elektromobilität in unserer Stadt und dadurch eine Senkung der Schadstoffbelastung
  • Förderung von Fahrgemeinschaften
  • Sinnvolle Reduzierungen der vorgeschriebenen Fahrgeschwindigkeiten
  • Einsatz energiesparender und emissionsarmer Gebäudeheizungen
  • Konsequente Umsetzung des Luftreinhaltungsplans

Belastete Luft strömt zumeist in der Nacht aus der Innenstadt über das Salzbachtal ab und wird durch frische Kaltluft aus den Waldtälern ersetzt. Diese Belüftung der Innenstadt ist aufgrund der Kessellage und aufgrund der hohen Belastungen mit Luftschadstoffen und der massiven Überwärmung im Sommer lebensnotwendig für die Innenstadt. Im Zuge der Klimaveränderungen mit deutlich mehr austauscharmen Wetterlagen und hohen Sommertemperaturen, die noch häufiger mit schwül-warmen Wetterlagen einher gehen werden, wird die Belüftung der Innenstadt eine zentrale Aufgabe in allernächster Zukunft sein. Wir werden die Kaltluftzuströme zur Innenstadt erhalten und wo nötig öffnen. Innerhalb der Innenstadt wollen wir das Klima durch Beschattung und Begrünung verbessern. Die gesetzlichen Grundlagen wie Naturschutzgesetz oder aber Landschaftsschutzgebietsverordnung müssen als wichtige Steuerungsmöglichkeiten von uns mitgestaltet werden. Im Verbund mit der Rhein-Main-Region streben wir GRÜNEN die Etablierung einer regionalen Umweltzone an, um die Schadstoffbelastung der Luft, insbesondere durch NOx und Feinstaub zu verringern.

9. Müll vermeiden und getrennt entsorgen

Wer Dinge verbraucht, erzeugt Müll. Müllentsorgung ist teuer und belastet die Umwelt. Daher sollte schon beim Einkauf auf langlebige, wieder verwertbare und natürlich abbaubare Produkte geachtet werden. Verpackungen und Plastiktüten lassen sich oft ganz vermeiden. Wo dies nicht möglich ist, sollte Müll zumindest sorgfältig getrennt und möglichst wiederverwertet werden.

Mit 438 kg Abfall pro Einwohner und Jahr liegt Wiesbaden unter den sieben kreisfreien Städten Hessens zusammen mit Darmstadt an der Spitze der Müllproduzenten. 56 % (245 kg) davon ist Restmüll, 13 % Bioabfall, 16 % ist Papier und Kartonagen, der Rest verteilt sich auf Grünschnitt, Elektroschrott und 9 % Sperrmüll (knapp 40 kg).

Der von privaten Haushalten erzeugte Hausmüll enthält noch in erheblichem Umfang (insgesamt ca. 40.700 Tonnen pro Jahr) verwertbare Bestandteile: Davon sind 21.500 Tonnen Bioabfälle und 8.500 Tonnen Verpackungen. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Mülltrennung in großen Wohneinheiten und in der Innenstadt nicht so gut funktioniert wie in den Ortsteilen. Die Wohnbaugenossenschaften haben über ihre MitarbeiterInnen vor Ort bereits gute Aufklärungsarbeit geleistet. Wir möchten dieses Engagement durch eine auf Stadtquartiere bezogene, mehrsprachig angelegte Informationsoffensive ausweiten, die für mehr Sensibilität im Umgang mit dem Thema Müll, Müllvermeidung und Mülltrennung sorgen wird. Durch ausreichend viele Behälter soll es zudem Bürgerinnen und Bürgern möglichst leicht gemacht werden, die noch im Hausmüll befindlichen Anteile an Glas, Papier, Verpackungen und Biostoffen getrennt zu entsorgen.

Wichtig ist auch die Aufklärung im Bereich des Sonderabfalls: Dazu sollen die Entsorgungsmöglichkeiten über das Schadstoffmobils noch besser bekannt gemacht werden. Im Bereich Sperrmüll erhoffen wir GRÜNEN uns durch die bessere Information, dass sich mehr Menschen beim kostenlosen Abholservice melden und so die illegalen Ablagerungen verringert werden.

Zusätzlich wollen wir GRÜNEN in bestimmten Stadtteilen nach dem Vorbild Frankfurts sog. Ortsdiener als Kiez-HausmeisterIn vor Ort etablieren. Sie sollen z.B. Kleinabfälle einsammeln, das Ordnungsamt und die ELW über wilden Sperrmüll benachrichtigen, umgefahrene Schilder und Poller an das Straßenbauamt melden und Aufkleber entfernen. Ihre persönliche Präsenz im Stadtteil wird sich schnell positiv bemerkbar machen. Vor allem für langzeitarbeitslose Menschen kann die begleitende Qualifikation zur Kiez-HausmeisterIn eine berufliche Perspektive darstellen.

Langfristig wollen wir GRÜNEN uns für ein differenziertes Gebührensystem einsetzen, das konsequent kleinere Restmüllbehälter und größere Wertstoffbehälter sowie bedarfsgerechte Abholfrequenzen und die Wahl des Teilservice fördert. So kann die Entsorgung am Bedarf der Bewohner ausgerichtet werden, und die Auslastung der Behälter verbessert sich. Über eine Modellrechnung im Gebührenbescheid können den Kunden alternative Behältergrößen oder Abholfrequenzen aufgezeigt und Anreize zu möglichen Gebühreneinsparungen gesetzt werden.

10. Müll und Schutt aus dem Rückbau von Atomkraftwerken

Wir GRÜNEN haben seit vielen Jahren für den Ausstieg aus der Atomkraft gekämpft. Nun werden die ersten AKW rückgebaut und die Betreiber sind auf der Suche nach geeigneten Mülldeponien, auf denen sie den strahlenden Bauschutt ablagern können. Wir GRÜNEN fordern, dass künftig bei allen Anfragen oder Angeboten zur Deponierung von Materialien aus dem Rückbau von Atomkraftwerken auf der Dyckerhoff-Deponie die parlamentarischen Gremien unverzüglich eingebunden werden. Die Bevölkerung muss über diese Vorgänge und deren mögliche Konsequenzen nicht nur umfassend informiert, sondern das Thema als Ganzes muss breit diskutiert werden. Bürgerwohl steht über den finanziellen Interessen der Versorgungsbetriebe.