J – Wiesbaden als Hochschulstandort

1. Eine Bereicherung für die ganze Stadt

Unsere Stadt gewinnt zunehmend an Bedeutung als Hochschulstandort. Schon heute studieren in Wiesbaden etwa 10.000 Menschen. Prognosen gehen davon aus, dass es in wenigen Jahren schon 15.000 sein werden.

Herausragend ist dabei die Hochschule RheinMain – nicht nur wegen der hohen Zahl der derzeit 8.500 Studierenden in Wiesbaden. Unterschiedliche Zugänge ermöglichen Menschen mit verschiedenen Biografien ein Studium an der Hochschule RheinMain, die so zu mehr Bildungsgerechtigkeit beiträgt. Außerdem erhalten hier überdurchschnittlich viele Studierende mit Migrationshintergrund die Möglichkeit, einen berufsqualifizierenden Hochschulabschluss zu erwerben.

Daneben sind auch die Hochschule für Polizei und Verwaltung (700 Studierende) und die European Business School EBS (300 Studierende) und möglicherweise bald die Hochschule Fresenius eine Bereicherung für Wiesbaden als Bildungsstandort.

Die geplante Schaffung von 3.000 neuen Studienplätzen in zahlreichen neuen Studiengängen wird von uns GRÜNEN begrüßt. Bei ihren Zukunftsplänen profitiert die Hochschule RheinMain auch vom neuen Hochschulpakt 2016-2020, der mit GRÜNER Regierungsbeteiligung in Hessen erreicht wurde. Die hessischen Hochschulen erhalten in den nächsten fünf Jahren 9 Milliarden Euro – so viel wie noch nie zuvor.

Das neu ins Leben gerufene Netzwerk der Wissenschaft wollen die GRÜNEN weiterführen und unterstützen. Wir GRÜNE wollen daran mitarbeiten, die Sichtbarkeit der Hochschulen und ihrer Studierenden in der Stadt weiter zu verbessern.

2. Ein zentraler Campus für die Hochschule RheinMain

Dass die Hochschule RheinMain innerhalb Wiesbadens auf drei verschiedene Standorte aufgeteilt ist, hat eine Menge Nachteile: Es müssen mehrere Mensen und Bibliotheken unterhalten werden, fachübergreifende Zusammenarbeit wird erschwert, Fahrtzeiten sind unnötig lang, die Identität und Wahrnehmung der Hochschule kann sich nicht optimal entwickeln. Vor allem aber fressen die Anmietungen an den Standorten Bleichstraße und Unter den Eichen jedes Jahr fast 5 Millionen Euro vom Budget der Hochschule RheinMain auf – Geld, das damit nicht mehr für Forschung und Lehre eingesetzt werden kann. Gegenüber anderen Hochschulen, die in der Regel auf landeseigenen Flächen angesiedelt sind und ihr volles Budget zur Verfügung haben, wird die Hochschule RheinMain also strukturell benachteiligt. Wir GRÜNE befürworten deshalb die Idee der Hochschulleitung, die drei Standorte ab 2021 an einem zentralen Campus am Kurt-Schumacher-Ring zusammenzuführen. Es ist deshalb sinnvoll, auch den kurzfristigen Erweiterungsbedarf an diesem Standort zu realisieren.

Wir GRÜNE setzen uns deshalb weiterhin dafür ein, dass die Stadt die nicht mehr benötigten Grundstücke der auslaufenden August-Hermann-Francke-Schule unkompliziert an das Land Hessen verkauft, das damit den Campus erweitern kann. Zusätzliche Flächen wollen wir GRÜNE durch eine Modernisierung der Stellplatz-Satzung gewinnen: Bislang schreibt die Stadt vor, dass Hochschulen einen Parkplatz je 3 Studierende zur Verfügung stellen muss. Die Quote von 1:3 ist aber für eine urban gelegene Hochschule in Zeiten der Verkehrswende viel zu hoch. Eine niedrigere Quote, z.B. von 1:10, würde der Hochschule RheinMain neue Freiräume verschaffen. Auf der anderen Seite müssen für die Studierenden und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Anreize geschaffen werden, so oft wie möglich öffentliche Verkehrsmittel (ÖPNV) oder das Fahrrad zu nutzen. Das Wachstum der Hochschule darf nicht zu Lasten der Anwohnerinnen und Anwohner gehen, insbesondere in Dotzheimer Straße, Klarenthaler Straße, äußerem Westend und Hollerborn. Für uns GRÜNE ist klar: Bei wachsenden Studierendenzahlen muss auch die ÖPNV-Anbindung mitwachsen. Auch die Fahrrad- und Fußwegeverbindungen, v.a. in Richtung Westend und Innenstadt, müssen verbessert werden. Ein großer Fortschritt wäre es zudem, wenn die Hochschulleitung ein Mobilitätsmanagement inklusive Jobticket, z.B. nach Vorbild der TU Darmstadt, einführen würde.

Um auch schon vor der Fertigstellung des zentralen Campus die Sichtbarkeit der Studierenden und ihrer Leistungen in der Stadt zu fördern, schlagen wir GRÜNE vor, Ausstellungsräume im Herzen der Stadt zu suchen und bereitzustellen. Dort könnten z.B. Abschlussarbeiten aus verschiedensten Fachrichtungen der Öffentlichkeit präsentiert werden.

3. Studentischer Wohnraum und Kinderbetreuung

Wohnraum in Wiesbaden ist knapp und teuer. An der Hochschule RheinMain führt das dazu, dass viele Studierende notgedrungen außerhalb bei den Eltern wohnen bleiben und täglich ein- und auspendeln. Das sorgt für lange Fahrtzeiten, zusätzlichen motorisierten Verkehr und behindert das Entstehen echten ‚Studentenlebens‘. Und noch schlimmer: Die Wohnungsnot könnte Menschen mit geringem Einkommen ohne nahegelegenes Elternhaus von einem Studium in Wiesbaden ausschließen. Mit den derzeit bestehenden und bereits geplanten 500 Wohnheimplätzen ist die Stadt schon heute drastisch unterversorgt – und die neuen Studiengänge mit ca. 3.000 weiteren Studierenden werden weiteren Druck erzeugen. Es ist mit einem zusätzlichen Bedarf von 600 – 1.000 Wohneinheiten zu rechnen. Wir GRÜNE fordern deshalb einen spürbaren Ausbau von Studierenden-Wohnheimen, z.B. auf dem Gelände des ehemaligen American Arms Hotels in der Frankfurter Straße. Darüber hinaus sollen die Stadt, die Hochschulen und der AStA weiter bei privaten Wohnungseigentümern für eine bezahlbare Vermietung an Studierende werben.

Wir GRÜNE befürworten die Einrichtung eines Studierenden-Wohnheims mit ca. 150 Plätzen mit angeschlossener Kita im Süden des künftigen Campus‘ an der Hollerbornstraße. Die Kita würde die Vereinbarkeit von Studium und Familie erleichtern – immerhin 6 Prozent der Studierenden sind Mutter oder Vater. <siehe auch Thema „Frauen“, Kapitel „Vereinbarkeit von Familie, Studium und Arbeit“> Um das Projekt zu verwirklichen, ist eine Änderung des Bebauungsplans notwendig. Wir GRÜNE setzen uns dafür ein, dass die Stadt diese unkompliziert genehmigt. Eine weitere Hürde ist auch hier die Stellplatz-Satzung, die für ein Wohnheim mit 150 Plätzen den Bau von ca. 35 Parkplätzen vorschreibt – was erstens wertvolle Fläche verschlingt, zweitens die Kosten (und damit letzten Endes die Miete) in die Höhe treibt und drittens negative Mobilitätsanreize setzt. Im Falle von Studierenden-Wohnheimen sehen wir GRÜNE die derzeitige Stellplatz-Satzung als unnötige bürokratische Hürde, die wir absenken möchten.

4. Impulse für Standort und Stadtgesellschaft

Unsere Hochschulen sind eine Bereicherung für ganz Wiesbaden. Die Studierenden tun Wiesbaden gut, bringen frischen Wind und neue Impulse in die Stadt. Öffentliche Hochschul-Bibliotheken erweitern die Bildungsmöglichkeiten auch für Nicht-Studierende. Mit ca. 750 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Hochschule RheinMain schon für sich genommen ein wichtiger Arbeitsplatz-Faktor. Darüber hinaus gehen zahlreiche Unternehmensgründungen in Wiesbaden auf Absolventinnen und Absolventen zurück. Diese Chancen gilt es auszubauen und zu nutzen, z.B. in den Bereichen Bauingenieurwesen, Immobilienmanagement, Mobilitätsmanagement, Informatik und Kommunikationsdesign. Wir GRÜNE wollen ein Klima schaffen, das solche Gründungen direkt nach dem Abschluss noch besser gedeihen lässt. Die GRÜNE Vision ist ein Startup-Zentrum oder Inkubator auf dem künftigen zentralen Campus oder in dessen Nähe.

Schon heute profitiert die Stadt auf einer weiteren Ebene von ihren Hochschulen: beim Transfer von Wissen. Wir GRÜNE setzen uns dafür ein, dass lokale Politik und Verwaltung noch mehr auf die Fachkompetenz der Hochschulen zugreifen. Gelegenheiten hierzu sehen wir z.B. in Zukunftsfeldern wie Nachhaltiges Bauen, Stadtplanung, Mobilität oder Soziale Arbeit. Wir wollen zudem daran mitwirken, dass diese Beiträge für die Öffentlichkeit sichtbarer werden.